Kriegsgemeinschaft

Komplizenschaft

Für die NS-Führung läuft alles auf den „großen Rassenkrieg“ um „arischen Lebensraum“ hinaus. Die „Volksgemeinschaft“ soll sich jetzt als Kriegsgemeinschaft bewähren. Viele Menschen verstricken sich in Verbrechen, werden zu Komplizen.

Entgrenzte Gewalt

Die Gewalt der Ausgrenzung radikalisiert sich weiter: Als „Volksschädlinge“ werden fortan schon jene begriffen, die „Feindsender“ hören oder „meckern“. Sie werden vor Sondergerichten angeklagt, die ‚kurzen Prozess‘ machen. Schließlich kämpft man jetzt mit äußeren Feinden. Millionen ausländische Zwangsarbeitende müssen für die deutsche Kriegswirtschaft schuften. Nach der Entfesselung des Krieges beginnt auch der systematische Mord an Behinderten. Mit dem Krieg „im Osten“ startet NS-Deutschland mit dem unfassbaren Unterfangen, die europäischen Juden zu ermorden. Anfangs durch hunderttausendfaches Erschießen, später auch in industriellen Tötungsfabriken.

KZ-System

Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager erreicht seine äußerste Ausdehnung: Zur Jahreswende 1944/45 sind 750.000 Menschen KZ-Häftlinge. Sie haben den Tod vor Augen. Auch in Schleswig-Holstein, zum Beispiel in den Außenstellen des Hamburger KZ Neuengamme in Husum-Schwesing und Ladelund.

Das Lagerkrematorium Neuengamme: Leichen werden nun an Ort und Stelle verbrannt. Zuvor wurden die Einäscherungen auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf vorgenommen.

Drei Jahre nach der Befreiung fertigt der ehemalige niederländische Häftling E. Wellerdiek diese Skizze des Außenlagers Ladelund aus dem Gedächtnis an. Sie ist deshalb nicht ganz detailgetreu.

Der „Arrestbunker“ des KZ Neuengamme: Er wird als Lagergefängnis und Hinrichtungsstätte genutzt, 1942 dient er kurzzeitig auch als Gaskammer.

Konzentrationslager Neuengamme

Zentrales Konzentrationslager

Das Konzentrationslager Neuengamme wird Ende 1938 am südöstlichen Hamburger Stadtrand auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei eingerichtet. Anfangs ein Außenlager des KZ Sachsenhausen, wird es ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn zu einem eigenständigen Konzentrationslager ausgebaut.

Im wiedererrichteten Ziegelwerk und in mehr als 85 Außenlagern des KZ Neuengamme leisten Häftlinge aus über 20 Nationen Zwangsarbeit. Das KZ Neuengamme gilt als zentrale Einrichtung für Nordwestdeutschland.

„Vernichtung durch Arbeit“

Bis 1945 werden 93.000 Häftlingsnummern vergeben, an 13.000 Frauen und 80.000 Männer. Circa 6.000 weitere Häftlinge tauchen in den Lagerbüchern nicht auf. Jeder zehnte Häftling ist Deutscher, die übrigen sind aus besetzten Ländern hierher verschleppt worden. 1.400 Inhaftierte werden von der Hamburger Gestapo hingerichtet, 448 sowjetische Kriegsgefangene durch Zyklon B erstickt. Vor allem aber wird „Vernichtung durch Arbeit“ angewendet.

Insgesamt verlieren mindestens 42.900 Häftlinge in Neuengamme, den Außenlagern oder bei „Evakuierungen“ ihr Leben.

KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Die KZ-Gedenkstätte entsteht spät. 1953 und 1965 werden erste Mahnmale errichtet, 1981 nimmt ein „Dokumentenhaus“ die Arbeit auf. 1995 eröffnet die erste Dauerausstellung. Seit 2005 besteht die heutige KZ-Gedenkstätte Neuengamme auf dem historischen Lagergelände mit allein 17 erhaltenen Gebäuden.

Inzwischen eine der größten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland, hat sich die Gedenkstätte zu einem sehr bedeutenden Erinnerungs- und Lernort entwickelt.

Kontakt:

KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Jean-Dolidier-Weg 75
21039 Hamburg

kz-gedenkstaette-neuengamme.de

Die Zeichnung des ehemaligen Häftlings H. P. Sørensen zeigt Häftlinge des Konzentrationslagers Ladelund bei der Zwangsarbeit: Sie heben einen Panzergraben aus. SS-Bewacher treiben sie mit Peitschenhieben an.

KZ-Außenlager Ladelund

„Friesenwall“

Ende September 1944 wird das KZ-Außenkommando Husum-Schwesing eingerichtet. Die zum Stammlager Neuengamme zählenden rund 2.500 Häftlinge sollen am „Friesenwall“,
einer Verteidigungslinie an der Nordseeküste, arbeiten. 297 Häftlinge kommen bis zur Auflösung des Lagers Ende Dezember 1944 ums Leben: ermordet, drangsaliert, ausgezehrt.

Etwa 1.000 Schwesinger Häftlinge werden am 1. November in die Grenzgemeinde Ladelund verlegt. Bis zum 16. Dezember 1944 besteht hier ebenfalls ein Außenkommando des Konzentrationslagers Neuengamme.

Die Häftlinge sollen einen Panzergraben bauen, weil ein Angriff der Alliierten über Dänemark möglich scheint.

Beide Verteidigungsanlagen sind in dieser Kriegsphase unsinnig. Der alliierte Angriff im Norden findet nicht statt.

Unterbringung im Dorf Ladelund

Weitere 1.000 Häftlinge kommen aus dem Stammlager nach Ladelund. Insgesamt 2.000 werden in einem verwaisten Reichsarbeitsdienstlager untergebracht. Auch hier überleben 300 Häftlinge die schwere Arbeit, die katastrophalen Bedingungen, den Drill und die Willkür der Bewacher nicht.

Nach sechs Wochen wird die Arbeit eingestellt. SS-Wachmannschaften verlegen die Überlebenden am 16. Dezember nach Neuengamme zurück. Dort geht das Sterben weiter.

Allein etwa 100 der 300 Ladelunder Toten stammen aus der kleinen niederländischen Stadt Putten. Als „Vergeltung“ für einen Anschlag auf ein Wehrmachtsfahrzeug, bei dem ein deutscher Offizier zu Tode gekommen ist, hat die Wehrmacht den Ort niedergebrannt und die männliche Bevölkerung zur Zwangsarbeit nach Deutschland verbracht. 589 Männer aus Putten werden Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme. Nur 49 von ihnen überleben.

KZ-Gedenkstätte Ladelund

Die Kirchengemeinde Ladelund bemüht sich frühzeitig um Gedenken und Aussöhnung. Die Gräber der KZ-Opfer werden gepflegt. 1950 kommt erstmals eine Besuchergruppe aus Putten. 1990 wird die historische Dauerausstellung eröffnet. 2017 wird sie modernisiert.

Kontakt:

KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund
Raiffeisenstraße 3
24926 Ladelund

kz-gedenkstaette-ladelund.de