Neuer Wind im Koog?

Nicht nur die Siedler werden nach 1945 „entnazifiziert“, auch die Neulandhalle. Am Gebäude ändert sich so einiges.

Die Koogbewohner tun sich mit dem Wandel schwer. Immer mal wieder sorgen sie für schräge Nachrichten. Liegt das an ihrer Vergangenheit?

Aber: Warum soll ausgerechnet im ehemaligen Adolf-Hitler Koog die NS-Bewältigung anders verlaufen als im Rest Schleswig- Holsteins, das immer wieder einschlägige Negativschlagzeilen verursacht?

Wo sind die Wächter?

Nach dem Ende des „Dritten Reichs“ müssen auf Anordnung der britischen Besatzungsbehörden nationalsozialistische Symbole zerstört werden. Von der Neulandhalle wird zunächst das Hoheitszeichen mit Hakenkreuz und Reichsadler entfernt.

Der demokratisierte Trägerverein Neulandhalle e.V. plant auch den Abbruch der beiden „Wächter“. Kämpferische Symbole der NS-Volksgemeinschaft passen nicht mehr – auch nicht zur neuen unpolitisch gedachten Nutzung als Jugendherberge und Ausflugslokal.

Doch was soll mit den Figuren geschehen? Der Verein will sie entfernen, aber erhalten. Die Firma Johannes Kruse aus Brunsbüttelkoog veranschlagt für die Verblendung 1.000 DM, für den Abbau mit anschließender Einlagerung in Marne sogar 1.210 DM. Das sind 1948 enorme Kosten.

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Figuren nur abgebaut, aber nicht eingelagert werden? – Was genau mit ihnen passiert ist, wissen wir nicht.

Problematische Erinnerung?

Überall wird an die Toten des Zweiten Weltkriegs erinnert. Auch im Dieksanderkoog gründet sich ein Denkmalausschuss. Das Vorhaben ist gewaltig: Die Koogbewohner platzieren 1953 einen zwölf Tonnen schweren Findling an der Neulandhalle. Zudem bringen sie Ehrentafeln für die gefallenen und vermissten Männer an – Genau dort, wo zuvor die Wächter standen.

Streit entbrennt um den Standort. Manche halten eine Jugendherberge nicht für den richtigen Ort. Die Pächter Söth versuchen vergeblich, die Errichtung zu verhindern. 1953 wird das Ehrenmal mit derben Reden eingeweiht.

Problematisch ist das Gedenken bis heute: Unterschiedslos werden auch Mitglieder der SS und der Waffen-SS geehrt.
Stärker noch als die Wehrmacht haben im Krieg eingesetzte Formationen der SS zahlreiche Kriegsverbrechen begangen, auch gegenüber Kriegsgefangenen und Zivilbevölkerungen. SS und Waffen-SS werden im Nürnberger Prozess 1946 zu verbrecherischen Organisation erklärt.

Wenn 1953 – bis heute – Tafeln auch die SS-Zugehörigkeit herausstellen, ist das ein bewusst gesetztes Zeichen.

Gerüchte und Getuschel

Nach Kriegsende kursieren Gerüchte, hochrangige Nationalsozialisten würden im Koog versteckt.

Unruhe verbreitet auch die Geschichte, die britische Militärregierung wolle die Siedler von ihren Höfen entfernen und sie Flüchtlingen zuteilen. Was steckt dahinter? Tatsächlich stuft der Entnazifizierungsausschuss in Meldorf einige Koogbewohner als „schwer belastet“ ein und empfiehlt deren Umsiedlung. Schließlich aber passiert nichts.

Die tonnenschwere Glocke mit Hakenkreuz und „Blut-und-Boden“-Inschrift bleibt zunächst an ihrem Platz. Eines Tages verschwindet sie aus dem baufälligen Gerüst. Über ihren Verbleib wird seither viel geraunt. Liegt sie unter einem Koogweg? Wird sie auf einem Bauernhof versteckt? Angeblich erklingt sie sogar hin und wieder.

Als 1971 die Dithmarscher Kirchenkreise die Neulandhalle erwerben, wird eingebrochen. Gestohlen wird nur eins: der Grundstein mit der Textkassette, 1935 von Adolf Hitler selbst gelegt.

Sind das noch augenzwinkernde Streiche? Oder stellen sich einige Koogbewohner in eine Tradition zur Zeit bis 1945?

Der Gedenkstein.
Am Volkstrauertag 2018 findet eine Feier mit Kranzniederlegung statt