Neuer Lebensraum?

„Siedlungsexperten“

Nach dem Überfall auf Polen im September 1939 beginnen „Einsatzgruppen“ aus SS- und Polizeiangehörigen in den besetzten Gebieten mit gewalttätigen Umsiedlungs- und Vertreibungsmaßnahmen von einheimischen Polen und Juden. Im Gegenzug werden „Volksdeutsche“ aus baltischen Ländern übereilt angesiedelt. Wegen des Kriegsverlaufs zunächst gestoppt, werden die Planungen dennoch vorangetrieben.

und „Wehrbauern“

Wissenschaftler und SS-Behörden erörtern Siedlungsmodelle für „den Osten“. Man will neuartige Dörfer bauen. Dort sollen „Wehrbauern“ der SS nach mittelalterlichem Vorbild einen „Neuadel“ bilden. Ihnen will man „reichsdeutsche“ und aus anderen Ländern kommende „volksdeutsche“ Siedler unterstellen.

Das Land „im Osten“ wird aus nationalsozialistischer Sicht von slawischen „Untermenschen“ bewohnt. Es erscheint trist und grau. Deutsche Siedler werden es entwässern und nutzbar machen. Einheimische Bevölkerungsgruppen sollen vertrieben, ermordet oder Sklavenarbeiter werden – ein verheerendes Zukunftsmodell!

Körperliche Ertüchtigung und Kampf in einer Landdienstausbildung der Hitlerjugend. So werden zukünftige Soldaten oder auch „Wehrbauern“ auf ihre Aufgaben vorbereitet.

Am Modell stellt Heinrich Himmler (4. von rechts) in Berlin Pläne für bäuerliche Siedlungen „im Osten“ vor. Ein interessierter Zuhörer ist Rudolf Hess, der „Stellvertreter des Führers“ (4. von links).

Das Leben auf den „Neubauernhöfen“: Propaganda-Aufnahmen aus dem „Musterdorf“ Balzweiler im „Wartheland“ aus dem Jahr 1942.

Propaganda-Aufnahmen aus dem „Musterdorf“ Balzweiler im „Wartheland“ aus dem Jahr 1942.

Mustersiedlung Balzweiler

Mit Musterdörfern wie Balzweiler im „Wartheland“ lassen der Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums, Heinrich Himmler, und das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Besiedelung „im Osten“ erproben. 1942 werden diese Musterhöfe fertiggestellt.

Balczewo gehörte bis 1939 zu Polen. Nach Besetzung und Eingliederung in das Deutsche Reich werden einheimische Polen von dort vertrieben. Im gesamten „Reichsgau Wartheland“ sind davon im Dezember 1939 rund 88.000 Personen betroffen! In Balzweiler ermordet der „volksdeutsche Selbstschutz“ am 18. Dezember 1939 dabei 11 Menschen.

Für die Errichtung der Höfe bekommt der Architekt Herbert Henselmann den Auftrag. Mit zwei jüdischen Großelternteilen gilt Henselmann nach der rassistischen NS-Ideologie als „Halbjude“. Eigentlich darf er nicht arbeiten. Für diesen Zweck erhält er jedoch eine Sondererlaubnis.
Nach 1945 verharmlost Henselmann diese Tätigkeit. Er wird einer der bedeutendsten Architekten der DDR.